3. Februar 2017
Android

Jahrelang lebte ich glücklich und zufrieden. Ich habe ein altes Nokia 6610 und ein Smartphone mit Windows 6.5. Das ist all die Zeit gut gegangen und es wäre auch weiterhin gut gegangen, wären da nicht ständig diese mitleidigen Blicke der Zeitgenossen auf mein antiquarisches Telefon und im Anschluss daran auf mich.

Also beschloss ich, Weihnachten zum Anlass zu nehmen, um mich telefontechnisch wieder auf Vordermann zu bringen.

Nach umfangreicher Marktforschung und langem Zaudern, ob es denn wirklich notwendig wäre (um es vorweg zu nehmen - nein, ist es nicht, aber schön), fiel die Entscheidung auf ein BQ Aquaris X5 plus. Zusammen mit einer SD-Speicherkarte katapultierte mich das umgehend wieder an die Spitze des technischen Fortschritts.

Dem Herdentrieb folgend sollte es ein Handy mit Android sein. Wenn das alle machen, kann's ja nicht falsch sein. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich ein glücklicher Mensch bin, denn mit Marshmallow einzusteigen heißt, das ganze Drama der verkorksten Speicherverwaltung von Android verschlafen zu haben. Das bedeutet aber nicht, dass ich davon nicht betroffen wäre.

Es hatte so schön angefangen. Alles funktionierte, eine wahre Freude. Aber irgendwann wollte ich die Fotos und Videos auch mal auf dem Fernseher oder Computer anschauen. Dazu muss man sie aus dem Telefon raus bekommen und auf den PC kopieren. Das ist nicht vorgesehen.

Ja natürlich, es geht! Aber tun wir doch mal so, als ob sich "Jürgen Normalmensch" eben in einem Anflug von Selbstüberschätzung ein Mobiltelefon gekauft hätte.

Also unbekümmert ein USB-Kabel angeschlossen, so wie man das seit Jahrhunderten mit jedem Fotoapparat macht.

Nun erwartet man doch, dass das Handy zumindest fragt, was es denn jetzt tun soll. Ob es sich dem PC gegenüber als synchronisierbares Mobilgerät ausgeben soll oder ob es einfach den Speicher sichtbar machen soll, den der PC dann als Laufwerk mounten kann oder ob vielleicht nur der Akku geladen werden soll.

Ach wo. So war das vielleicht früher mal. Das Einzige, was ohne weiteres Zutun geht, ist Akku laden.

Also gut, mal nach der Konfiguration der USB-Schnittstelle schauen.

Na, wer sagt's denn, hier ist ja alles: "Speicher und USB". Hm, was hat jetzt USB mit Speicher zu tun?

Die Antwort findet sich gleich:

Nichts!

Oder doch? Naja, man könnte ja auch einen externen Speicher an die einzige USB-Buchse anschließen.

Dazu braucht man aber ein spezielles OTG-Kabel mit USB-A-Buchse und micro-USB- Stecker.

Zurück zum Problem: Ich wollte doch den umgekehrten Fall - der PC will Speicher vom Handy sehen. Wir sind noch keinen Schritt weiter.

Hier kommt die Lösung:

Man muss den "USB-Debug-Modus" aktivieren, weil ja das Auslesen von Fotos zum Debugging gehört. Ich bin sprachlos.

Und wie macht man das?

Ganz einfach - in den Einstellungen.

Der "USB-Debug-Modus" ist ein Eintrag in den sogenannten "Entwickleroptionen".

Siehst Du sie? Na, dann wär's ja auch zu einfach.

Den Eintrag "Entwickleroptionen" müssen wir erst her zaubern. Das geht so:

"Über das Telefon" anklicken und den letzten Eintrag suchen, das ist die "Build-Nummer". Die Build-Nummer sieben mal anklicken. Dann wieder einen Menüschritt zurück und schau, die Entwickleroptionen sind jetzt da.

So einfach ist es und man kommt nicht drauf ..

Die "Entwickleroptionen" und das "USB-Debugging" einschalten.

Hier können wir endlich den Funktionsmode der USB-Schnittstelle umschalten.

Damit haben wir vom PC aus Zugriff auf das, was im Mobiltelefon als "externer", "tragbarer" oder "mobiler" Speicher geführt wird.


Nach dem Anstecken des USB-Kabels erscheint nun oben links in der Statuszeile ein Symbol, welches man in Richtung Display-Mitte zieht.

"USB zum Aufladen" anklicken und schon haben wir das lang ersehnte Auswahlmenü.

Auf die Frage, ob das denn normal sei, wenn man seine Daten auf einem Computer sichern will, könnte die Antwort in etwa so lauten:

"Ähm, was bitte ist ein PC? Wenn's gut geht, haben die Leut' vielleicht ein Tablett und das ist auch nichts anderes als ein Mobiltelefon. Schiebt Euern Kram einfach in die Cloud und seid glücklich."

Das erinnert mich an eine Begebenheit Mitte der 90iger Jahre. Damals schrieb ich in einer News-Gruppe verärgert über eine Funktion in Microsofts Mail-Client: "Die Zielgruppe von Microsoft-Exchange hat scheinbar die Internet-Verbindung immer offen". Das war sarkastisch gemeint und unvorstellbar ob der horrenden Telefonkosten. Heute hat selbstverständlich jeder seine Internetverbindung immer offen und in ein paar Jahren selbstverständlich jeder seinen Kram in der Cloud.

Noch was. Die besten Helferlein zwischen Android und Windows sind MyPhoneExplorer und der Total Commander.